Über eine Aktivistin des Salzburger Tierschutzvereins Respektiere (www.respektiere.at) wurden wir informiert, dass am 16.07.2014 auf einem Bauernhof eine Demonstration stattfand, um auf die katastrophale Haltung von über 100 Kaninchen, und wie sich auch weiter herausstellte 5 Meerschweinchen sowie 4 Chinchillas, aufmerksam zu machen. Wir wurden gefragt, ob wir mit der Aufnahme von einigen Tieren behilflich sein können.
Dank der 10 Demonstranten, die sich mit Plakaten vor dem Bauernhof postierten wurde auch die Polizei aufmerksam, das zuständige Veterinäramt wurde kontaktiert und auch die Presse berichtete in einigen örtlichen Tageszeitungen über diese Aktion. Hier u.a. ein Link zu innsalzach24, der über die Zustände vor Ort berichtet: http://www.innsalzach24.de/news/bayern/tierschuetzer-demonstrieren-hasenzuchthof-tacherting-3706091.html
Natürlich war für uns sofort klar, dass hier Not am Mann, bzw. am Tier ist und organisierten in windeseile Pflegepätze sowohl für Meerschweinchen als auch für Kaninchen.
Bereits am 22.07.2014 machten sich Jürgen und Andrea in das über 100 km entfernte Tacherting auf und übernahmen zunächst 5 vollkommen verstörte und panische Meerschweinchen. Es handelte sich um 2 Buben und 3 Mädchen. Wir brachten die Tiere sofort in die Obhut unserer Tierärztin, die alle versorgte und die Buben kastrierte, bevor sie auf unsere Pflegestellen verteilt wurden. Wie nicht anders zu erwarten, waren die drei Mädchen trächtig und schon bald wurden aus 5 Schweinchen 12, siehe News-Text Babyboom.
Am selben Tag konnten einige Helfer von Respektiere 40 Kaninchen von dem Hof übernehmen. Einige von ihnen konnten auf dem Gnadenhof von Pfotenhilfe in Lochen Unterschlupf finden und teils auch privat vermittelt werden. Die Zustände, die vor Ort anzutreffen waren, machen einen wirklich sprachlos.
Nach einige Telefonaten mit der Besitzerin und dem zuständigen Amtstierzt bekamen wir das grüne Licht, dass wir nochmal auf dem Hof erscheinen und Kaninchen übernehmen dürfen. Am 03. August machten sich Maria und Andrea mit unserer Tierärztin, Dr. Barbara Homeier erneut auf den weiten Weg. Nach längerer Diskussion mit der Besitzerin, die mittlerweile zwar Hilfe annahm, aber dennoch eine Herausgabe der Tiere einem Überredungsakt bedarf, konnten wir 8 Kaninchen übernehmen, die zum Teil schwerst behindert und krank waren. Von Tacherting aus fuhren wir sofort in die Tierarztpraxis um die Tiere zu versorgen.
Nur 2 Rammler waren bis auf Milben und Haarlinge in organisch gutem Zustand und konnten bereits am nächsten Tag kastriert werden.
Rammler Pauli hatte es ganz arg erwischt. Er saß vor Ort in einem kleinen Käfig auf cm-hohen Kotbergen und hatte massivsten Durchfall der fürchterlichst stank.
Auf dem Weg in die Praxis lag er vollkommen abwesend in der Transportbox, wir befürchteten, dass er die Fahrt nicht überstehen würde. Nach Kontrolle des Kotes war schnell klar: Pauli litt unter massivsten Kokzidienbefall und die Parasitenbehandlung wurde sofort in die Wege geleitet. Desweiteren hatte er eine Magenüberladung, ausgelöst durch massenhafte Aufnahme von minderwertigem Trockenfutter. Die Nierenwerte sind extrem erhöht. Er war über Wochen hinweg in Intensivbehandlung, und hat den Kampf dennoch leider verloren.
Der nächste arme Tropf ist Finley. Der max. 4 bis 5 Monate alte Kaninchen-Junge hat beide Vorderbeinchen verkrüppelt. Sie drehen sich nach innen, was ihn aber am Hoppeln in keinster Weise stört. Als ich Finley auf dem Arm hatte, schlich er sich sofort in mein Herz, er schmiegte sich an meinen Brustkorb und genoss die Streicheleinheiten und Zuwendung. Vielleicht hat er gemerkt, dass es ab sofort in eine bessere Zukunft geht und er zu einem der Glückspilze gehört, für den sich schnell ein Zuhause gefunden hat. Er durfte zu unserer ehemaligen Tierschutzkollegin, Isabelle nach Kolbermoor umziehen.
Den größten Schock bescherte uns aber eine Kaninchen-Mama, wir nannten sie Holly, die bereits 2 Babies hatte als wir sie übernahmen. Beide Babies hatten jeweils nur 1 Ohr. Hier sehen Sie die kleine Däumline.
Aber am allermeisten hat uns das Schicksal von Floh getroffen. Nicht dass er nur 1 Ohr hat, nein – dem Kaninchen fehlt ein Stück des linken Hinterfußes . Das rechte Vorderbein war nur noch als eitriger Stummel zu sehen, uns wurde richtig schlecht. Wir wissen nicht, was passiert ist, aber die Vermutung liegt nahe, dass eine Ratte oder ein Marder die beiden Babies so verstümmelte.
Trotz allem machte das kleine nicht mal handflächengroße Kaninchenbaby einen munteren und lebenslustigen Eindruck. Wir geben ehrlich zu, dass wir kurz überlegten ob man dieses Tier nicht besser erlösen sollte, aber wir gaben ihm eine Chance und das war auch gut so. Nach 4 Wochen Betreuung und Beobachtung durch Dr. Barbara Homeier konnten wir stolz berichten, dass es Floh hervorragend ging. Die beiden sind trotz des dramatischen Schicksals zwei Glückskinder, denn sie fanden einen Traumplatz in der Nähe von Augsburg bei einer beherzten Kaninchen-Liebhaberin. So wohnen die beiden heute:
Zu allem Überfluss war Mama Holly bereits schon wieder nachgedeckt als wir sie übernahmen und sie brachte am 19. August nochmals 3 Babies in der Tierarztpraxis zur Welt.
Und nocheinmal machten sich 2 Heuwusler Team-Mitglieder am 19.08.2014 auf den Weg. Zum einen um den noch letzten auf dem Hof verbliebenen Chinchilla abzuholen. Die Tiere saßen im volkommener Dunkelheit im einem Käfig:
(die 3 anderen wurden bereits vorab durch eine Privatperson im Auftrag von Respektiere abgeholt und diese befinden sich nun auch in der Obhut von Pfotenhilfe Lochen) und zum anderen um uns von den aktuellen Zuständen vor Ort ein Bild zu machen. In einigen Telefonaten, unter anderem durch das Amt, das regelmäßig Vor-Ort-Kontrollen durchführte, wurde uns mitgeteilt, dass sich in der Zwischenzeit die Situation wesentlich gebessert hat, die Stallungen sauber sind, der Tierbestand nun auf unter 50 zu beziffern ist und die Besitzerin die Lage wieder unter Kontrolle hat. Und zu unserer positiven Überraschung fanden wir tatsächlich diese Situation vor. Nachdem uns die Besitzerin in Empfang nahm, führte sie uns freiwillig in den Stall, zeigte uns alle Verbesserungen, sichtlich stolz was nun in der Zwischenzeit alles erfolgt ist. Alte Käfige und Stallungen wurden entsorgt, das Gerümpel das sich noch vor einigen Wochen meterhoch vor dem Stall türmte, auf den Sperrmüll gebracht. Die Tiere teilweise in großen Gruppen getrennt nach Geschlechtern in den Pferdeboxen in Bodenhaltung untergebracht. Es gibt zwar noch Einiges das in unseren Augen deutlich zu verbessern wäre, wo wir als Tierschutzorganisation sagen müssen, dass die Buchtenhaltung, die auch noch dort zu finden ist, alles andere als artgerecht ist, aber zumindest haben diese Tiere nun eine trockene, saubere Unterkunft. Die Besitzerin ist auch bemüht, sich um die verbliebenen Tiere wieder ordentlich zu kümmern. Das Amt hat hier lediglich für die Chinchillas ein Tierhalteverbot ausgesprochen, Kaninchen dürfen weiterhin dort gehalten werden, aber in reduzierter Zahl und natürlich mit weiterer Kontrolle. Wir hoffen in diesem Fall wirklich inständig, dass die Situation – aus welchem Grund auch immer – nie mehr so aus dem Ruder läuft wie es der Fall war und die Besitzerin vernünftig genug ist, nicht wieder Kaninchen und sonstige Heimtiere in unwillkürlicher Zahl aufzunehmen. Wir danken dem Verein Respektiere.at ohne dessen Engagement diese Missstände (die dem Amt auch davor schon sehr lange!!! bekannt waren) niemals so an die Öffentlichkeit gekommen wären und den Kaninchen dadurch so schnell geholfen werden konnte.
Chinchilla Leopold, wie er jetzt heißt, durfte nach Gersthofen bei Augsburg zu einem außergewöhnlich netten, sehr erfahrenen Pärchen in Bezug auf Chinchillahaltung, umziehen. Dank der schnellen Hilfe durch Karoline Günzel vom Nagerschutz (www.nagerschutz.de) konnte dieser Kontakt hergestellt werden und Leopold somit der Weg von einem stockdunklen Holzverschlag in Einzelhaft in ein wundervolles, chinchillagerechtes Traumleben ermöglicht werden. Hier ein Foto von Leopold wie wir ihn übernommen haben und von seinem neuen Zuhause, das extra noch besorgt wurde, bzw. von dem Chinchilla-Gehege der dort bereits wohnenden 3 Damen.
Wir danken allen Personen, die hier geholfen haben, allen voran unserer Tierärztin, Dr. Barbara Homeier, die wieder mit vollem Einsatz – Dank ihrem rießen großen Herz für die armen Tiere – uns selbst an den Wochenenden stets tatkräftig zur Seite stand!
Eine wirklich nervenaufreibende Zeit, mit vielen Telefonaten zwecks Organisationen und noch viel mehr Zeitaufwand durch Autofahrten von über 1.000 km Wegstrecke bis alle Tiere bisher untergebracht werden konnten, liegt hinter uns. Aber wir freuen uns ganz besonders, dass alle Tiere durch uns ein wundervolles Zuhause gefunden haben.
Wir appellieren erneut an die Menschheit nicht wegzusehen, wenn in der Nachbarschaft Tiere in Not sind ! Bitte suchen Sie rasch nach professioneller Hilfe, damit so ein Elend erst gar nicht passieren kann!
Ihre / Eure Andrea