Liebe Freunde,
unser Osterfest wurde durch den schlimmsten Notfall getrübt den wir in all den Jahren unserer Vereinsgeschichte zu bewältigen hatten. Am 21.03.2018 übernahmen wir aufgrund einer amtstierärztlichen Maßnahme 78 Meerschweinchen aus einem Privathaushalt. Leider handelt es sich hierbei um einen Wiederholungsfall. Bereits im Jahr 2010 übernahmen wir von selbiger Person Meerschweinchen und Kaninchen, welche ebenfalls unter tierschutzwidrigen Bedingungen gehalten wurden.
Auffällig wurde die Person, weil sie per Internet-Anzeigen hochträchtige Meerschweinchen zum Verkauf anbot. Wir bekamen sehr viele Zuschriften von besorgten Personen, die sich fragten ob hier alles mit rechten Dingen zugeht. Der Transport von Tieren bei fortgeschrittenem Trächtigkeitsstadium (90 % oder mehr) ist laut Tierschutzgesetz verboten. Dennoch wurden hier nachweislich Tiere verkauft, die wenige Stunden später ihre Babys gebaren. Wir wurden darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Verkaufsabwicklung an sich schon sehr fragwürdig war. Man durfte das Haus nicht betreten sondern wurde durch eine Garage in den "Verkaufsraum" geleitet. Die in Frage kommenden Tiere waren dort schon in einer Schachtel oder Korb zur Ansicht bereitgestellt. In diesem Raum befanden sich auch noch jede Menge Vögel, Wachteln und Sittiche. Es gab weder einen Kaufvertrag noch sonstige Unterlagen zu den Tieren, geschweigedenn einen Beleg für die erfolgte Barzahlung. Geld her – Tier weg – nach mir die Sintflut.… war die Devise. Skrupellose Geschäftemacherei.
Aber nicht nur Meerschweinchen wurden inseriert, u. a. auch sehr viele Schlangen, Papageie, Wellensittiche sowie Mäuse wurden zum Verkauf per Internet angeboten.
Wir zeigten den Fall bei dem zuständigen Amt an und ließen wochenlang nicht locker.
Mittlerweile wurden uns trächtige Mädchen gebracht die aus Mitleid dort gekauft wurden. In zwei Fällen brachten diese Weibchen leider nur Totgeburten zur Welt und verstarben selbst an einer sog. Trächtigkeitstoxikose.
Was musste also noch passieren, damit hier eingeschritten werden konnte?
Gott sei Dank trug unsere Hartnäckickeit Früchte und am 21.03.18 erhielten wir endlich den langersehnten Anruf, dass wir uns auf den Weg machen dürfen, um alle Tiere zu übernehmen. Was wir aber vor Ort dann erlebten schockierte sogar hartgesottene Tierschützer.
Auf engstem Raum, zwischen viel Gerümpel, wurden Unmengen an unterschiedlichsten Tierarten unter schrecklichsten Bedingungen gehalten. Hunde liefen umher und beim Betreten des Hauses schlug uns ein beißend-ätzender Geruch entgegen. Da Bilder oft mehr als Worte sprechen, hier ein paar Fotos der Zustände vor Ort:
Im Bad stapelten sich kleine Käfige in denen Ratten | auf engstem Raum zusammengepfercht | ihr Dasein fristeten. |
Die meisten Mädchen saßen – zumindest vor Kälte geschützt – in einem Gehege im Wohnzimmer, während überwiegend Buben in nicht isolierten Ställen, teils auf Waschbetonplatten – der Eiseskälte ausgeliefert waren.
Wir fuhren mit der Einschätzung von ca. 40 vor Ort befindlichen Tieren hin und waren zunächst total überfordert, als wir sahen dass es knapp 100 Meerschweinchen waren, die dringend Hilfe brauchten. Während wir mit Hilfe unserer Tierärztin die Tiere vor Ort nach Geschlechtern trennten und die Schwerstkranken mit dem Notwendigsten versorgten, hängten sich weitere Team-Mitglieder ans Telefon um noch weitere Pflegestellen zu finden. Wir wollten kein einziges Schweinderl zurücklassen.
Bei der Zahl 78 war unsere Kapazität schließlich erreicht. Die letzten 14 Meerschweinchen, sowie alle weiteren vor Ort befindlichen Heimtiere und Vögel wurden durch das Tierheim München Riem aufgenommen. Um die 39 Schlangen und 4 Geckos kümmerten sich fachmännisch die Mitarbeiter der Reptilien-Auffangstation.
Auch die Presse sowie Funk und Fernsehen wurden auf diese Zustände aufmerksam. Hier sehen Sie ein paar der Veröffentlichungen:
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Hier finden Sie den Link zum TV-Bericht des Bayerischen Rundunks:
https://www.br.de/mediathek/video/abendschau-der-sueden-20042018-proteste-gegen-baumboom-in-regensburg-tag-des-offenen-klosters-ruderregatta-auf-dem-inn-av:5a96adc8b4d4ae0018e4b6cf
Die meisten der übernommenen Tiere waren schwer krank. Fast alle leideten unter Hautpilz und Räudemilben. Viele hatten Bissverletzungen, woraus sich Abszesse entwickelten (es wurden 35 männliche Tiere zusammen in einem Verschlag gehalten!), Augenverletzungen und schweren Durchfall, resultierend aus massivem Kokzidienbefall!
Unter den vielen Tieren gab es unglaublich viele kleine Babys, zwischen 150 und 300 Gramm leicht, aber wir fanden vor Ort kein einziges erwachsenes Meerschweinchen Mädel, das Milch hatte. Wir wissen nicht, was mit den Müttern passiert ist, lässt aber Schlimmstes erahnen. Die Kleinen wurden auf unseren Pflegestellen mit Aufzuchtsmilch zugefüttert. Einige Leben hingen lange am seidenen Faden aber wir taten unser Menschenmöglichstes, um alle durchzubringen.
Leider gab es auch Todesfälle zu beklagen. Ein Bub, welchem beide Augen durch die rivalisierenden Artgenosse ausgebissen wurden, hat die schweren Verletzungen trotz sofortiger medizinischer Versorgung nicht überlebt. Es plagte ihn zudem ein wässriger Durchfall, er war einfach zu schwach.
14 Mädchen war bereits trächtig und der Nachwuchs ließ nicht lange auf sich warten. 21 Buben und 17 Mädchen erblickten bei uns das Licht der Welt. 2 Sternenkinder gibt es leider zu beklagen.
Für unseren Verein bedeutete dieser Notfall eine Ausnahmesituation. Unsere Pflegestellen sind noch enger als eh schon zusammengerutscht und – wie auch beim Rott-am-Inn-Notfall – haben sich liebe Adoptanten mit denen wir in gutem Kontakt stehen sofort bereit erklärt, einen Zusatzkäfig aufzustellen. Wir freuen uns über so viel Hilfestellung!
Neben der ganzen Organisation, die unsere ganze zur Verfügung stehende Freizeit kostete, stellten uns auch die Kosten vor eine Herausforderung:
Allein die Tierarztkosten für die Erstversorung aller Tiere schlug mit 7.918,33 Euro zu Buche. Desweiteren mussten 46 Buben kastriert werden!
Wir sind überwältig, welche Hilfsbereitschaft und Mitgefühl wir für diese armen Tiere erfahren durften. Wir freuen uns über eine Vielzahl von Geldspenden von netten Menschen, welche z.B. als Paten für die Kastration der Buben aufkamen oder uns Einstreu, Heu und sogar Frischfutterspenden zukommen liesen.
Ein besonderes Vergelt's Gott an die Firma Heu-Tom die uns Dank einer Facebook-Aktion sage und schreibe 388 kg Heu spendete. Sowie an den Meerschweinchen-Gnadenhof "Piratenschweinchen" aus Rüsselsheim, die uns in Kooperation mit der Zeitschrift "Amuigos" ein riesiges Care-Paket geschickt haben und somit selbst auf ihre Spenden verzichtet haben. GROSSARTIG!
Unser größter Dank geht aber wieder an Tierärztin, Dr. Barbara Homeier, ohne deren Hilfe wir aufgeschmissen wären. Bis spät in die frühen Morgenstunden hat sie zusammen mit uns alle Tiere gecheckt, die schwersten Wunden notversorgt und geholfen, die Schweinchen auf die Pflegestellen zu verteilt. Die schwerstkranken betreute sie wochenlang sowohl in der Praxis als auch zu Hause. So ein Einsatz sucht seinesgleichen!