Micki fand den Weg zu uns, weil ihre Partnerin verstarb und dieses Ereignis die 14jährige Tochter der Familie so schockiert hat, dass die Familie beschloss die Meerschweinchen-Haltung zu beenden.
Gleich nach der Aufnahme bei uns fiel der Pflegestelle auf, dass Micki unten nur noch einen Schneidezahn hatte. Micki konnte kaum fressen, zupfte leidlich am Salat und verzog sich in die Kuschelpyramide. Über Nacht rührte sie kein Futter an, Zufüttern mit Critical Care war angesagt und am nächsten Tag stellten wir sie bei unserer Tierärztin vor:
Die ernüchternde Diagnose:
Nicht nur der Schneidezahn fehlte, das Zahnfach war total entzündet, die Backenzähne hatten Spitzen und mussten korrigiert werden. Das Fell wies einen hochgradigen Haarlingsbefall auf aber zum größten Übel wurde ein nicht unerheblich großer Gesäugetumor diagnostiziert. Ihr Gewicht war für ihre Größe mit unter 900 Gramm auch zu gering. Sie bekam Schmerzmittel, Antibiotikum, Antiparasitikum und musste weiterhin zugefüttert werden.
Wir informierten die Besitzer, wollten wissen ob Micki vielleicht gestürzt ist, ob ihnen aufgefallen ist, dass der Zahn fehlt und ob sie von dem Tumor wussten. Alle Fragen wurden verneint, der Zahn war immer da (muss dann wohl auf der Fahrt zu uns plötzlich ausgefallen sein?) und der vermeintlich letzte Tierarzt-Besuch stellte sich als Termin zum Krallenschneiden heraus.
Micki wollte weiterhin nicht selbständig fressen. Egal was wir reinlegten, es wurde alles verschmäht. Wieder Kontaktaufnahme mit den vormaligen Besitzern. Nach 2maligem Nachfragen kam dann die Wahrheit ans Licht. Micki bekam viel Trockenfutter und nur hin und wieder mal Salat oder Möhre. Sie kannte schlichtweg das andere Futter gar nicht! Von wegen „bekam bisher nur Frischfutter“.
Bei der Nachkontrolle bzgl. der Zähne die nächste Ernüchterung. Das Zahnfach war trotz Antibiotika-Gabe weiterhin hochgradig entzündet, schlimmer noch, es stand unter Eiter. Der Abszess war nicht in sich geschlossen, man konnte nicht operieren. Eine Aufnahme zeigte, dass auch der Kieferknochen schon angegriffen war. Die Verletzung musste also schon wesentlich länger zurückgelegen haben. Es folgte eine anstrengende Zeit: Das Zahnfach musste täglich gespült werden, sie bekam erneut täglich Medizin und Schmerzmittel verabreicht. Micki war eine Intensivpatientin. Bekam zusätzlich alles was ihr Herz begehrte, sogar Haferflocken, Erbsenflocken, Graspallets um ihr Gewicht einigermaßen zu halten und natürlich ganz viel Fürsorge.
An eine Operation des Tumors war unter diesen Bedingungen selbstverständlich gar nicht zu denken. Micki musste erst einmal wieder stabil werden. Es war ein ewiges Auf und Ab, ein Wettlauf mit der Zeit, den Micki leider am 08.04.2017 verlor. Der Tumor wuchs rasant und riss letzendlich auf. Es blieb nur noch der schnellste Weg in die nahegelegene Tierklinik um Micki zu erlösen.
Micki war trotz allem eine Kämpferin und eine Frohnatur. Sie liebte ihren Pfleglings-Partner Charly und er sie. Wie ein altes Ehepaar lagen sie zusammen. Sie genoss die Zuwendung ihrer Pflegemama und war nie mürrisch; ließ jede Behandlung ganz brav zu. Als ob sie spürte, dass man ihr helfen wollte. Sie genoss den vielen Platz im Eigenbau und Freilauf (jahrelange Haltung zuvor im 120er Käfig) und schlich sich mit ihrer netten Art in alle Herzen.
Der Abschied von Micki fiel sehr schwer, es flossen viele Tränen Sie war nur knapp 8 Wochen bei uns aber wir alle fieberten mit ihr mit, drückten alle Daumen damit sie wieder gesund wird.
Der Kommentar der ehemaligen Besitzer lautete: „Entschuldigung für die Umstände“ bzw. auf die Nachricht des Todes kam gar keine Antwort. Wieder einmal eine traurige Tatsache, dass Besitzer mit der Abgabe ihrer Tiere, die sie nach eigenen Erzählungen einst so sehr geliebt hatten, nicht nur die Verantwortung sondern auch das Interesse abschütteln. Ganz nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn.